Freitag, 28. Januar 2011

Regen

Ich steige aus dem Bus um auf eine der Hauptstraßen zu gelangen und setze meinen Fuß dabei prompt ins knöcheltiefe Wasser. Es ist Hochsommer in Argentinien, aber es regnet. Wo bleibt eigentlich der Klimawandel, wenn man ihn braucht?! Ein Land der Extreme, das macht sich sogar bis ins Wetter bemerkbar, denke ich mir als ich die weiterführende Busverbindung suche. Entweder ist es wochenlang so trocken, dass in einigen Dörfern außerhalb der eigentlichen Stadt kein Tropfen Wasser mehr verfügbar ist, oder es fallen derartige Wassermassen vom Himmel, dass mit dem Bus nahezu kein Durchkommen ist. Wenn man neben Argentiniern geht, ist zu beobachten, dass sie entweder sehr schnell oder  sehr langsam gehen bzw. rennen. Entweder sind sie sehr dick, oder sehr dünn. Entweder reden sie sehr schnell oder sehr langsam…

Dieser Liste könnte ich noch etwa 100 Sätze hinzufügen, die allesamt dasselbe Thema behandeln. Da vermisst man fast schon die deutschen Eintönigkeiten und mein deutsches, langweiliges Leben. Aber dann würde ich auch einige, wirklich schöne Dinge verpassen…
Neujahr habe ich schön verbracht, Weihnachten hat mir allerdings besser gefallen. Wir sind alle zusammen zur Mutter meines Gastvaters gefahren und haben dort Silvester verbracht. Zusammen haben wir auch wieder diese Ballons fliegen gelassen, wobei sich einige selbst angezündet haben und wir mehr als einmal um die Mauer auf die Straße laufen musste um mit einem Wassereimer die brennenden Reste zu löschen.
Meine Neujahrsbrezel sah zwar nicht wie eine Brezel aus, war aber lecker.
Einige Tage später waren wir gemeinsam auf einem Festival der Folklore und Doma in Jesús Maria.
Dabei geht es um argentinische Traditionen, denn die Folklore ist die traditionelle Musik und Doma ist eine Art Pferderodeo, das von argentinischen Gauchos aller Provinzen bewältigt werden musste. Es gibt dabei drei verschiedene Schwierigkeitsstufen. Bei jeder Stufe werden dem Gaucho  weniger Mittel zugesprochen um  auf dem Pferd zu bleiben. Das ganze wird zehn tage lang jede Nacht ausgefochten und am Ende gibt es drei Sieger. Für jede Kategorie einen. Das ganze fand in einem großen  Stadion statt, das im Auto etwa eine Stunde von meinem Haus entfernt ist. Um halb sieben Uhr morgens sind wir von dort zu Hause angekommen und ich bin sehr müde ins Bett gefallen, aber es hat sich gelohnt.
Ansonsten genieße ich meine Ferien, treffe mich mit Freunden, bin im Pool, gehe ins Kino, genieße die Ruhe, bin im Zentrum Córdobas unterwegs oder besuche mit meiner Gastfamilie verwandte. Wie viele Male ich dabei nun schon argentinische Asados gegessen habe!
Ich berichte euch dann nach Iguazú mit vielen Bildern von der Schönheit dieser Wasserfälle.
Schaut in den nächsten Tagen nocheinmal rein, denn dann werde ich abermals versuchen einige Bilder hochzuladen, momentan ist dies leider nicht möglich. Serverprobleme.
Seit nicht zu neidisch,
Grüße,
Anja
PS: Ich hab meinen neuen iPod wieder. Dieser hatte nicht mehr funktioniert und ich musste ich zur Reparatur in einen der Apple Läden bringen. Glücklicherweise wurde mir nach 20 Tagen ein neuer iPod gegeben, denn der alte war nicht mehr zu retten. Auf Grund der Garantie musste ich nicht bezahlen und jetzt kann ich endlich wieder überall Musik hören.

PPS: Ich hab mir vor einigen Wochen mal wieder meinen Fuss beim laufen umgedreht...
Dick, blau und Bettruhe. Aber geht schon wieder besser. Neuerung: Diesesmal war es der Linke. Das hatte ich noch nie.

Die Wolken bleiben gleich

Mehr als ein halbes Jahr bin ich nun schon in Argentinien und habe eine Menge erlebt. Sowohl schöne als auch weniger schöne Dinge liegen hinter mir und gleiches wahrscheinlich auch vor mir allerdings kann ich bei diesen noch nicht sagen, welcher Art diese Erlebnisse sein werden. Der Anfang dieses Abenteuers, rückt immer weiter in meinen Erinnerungen nach hinten während das zukünftige Ende immer näher rückt. Sogar meine genauen Flugdaten sind mir jetzt schon bekannt. Am 23. Mai 2011, also im Mai dieses Jahres um 16:55 fliegt mein Flugzeug voraussichtlich vom Flughafen Córdobas ab und am 24. Mai um 20:35 soll ich geplanterweise am Düsseldorfer Flughafen wieder deutschen Boden betreten.
Meine Stimmung hinsichtlich dieser Ereignisse schwankt. Manchmal liege ich bei diesen sommerlichen Temperaturen draußen im Pool und frage mich, wieso ich das alles eigentlich mache. Schwierige Phasen, viele Hindernisse und immer wieder Fehler, die auf meinem Weg liegen. Und so viele Dinge, Verhaltensweisen, Werte und Sitten, die ich in Deutschland gelernt und richtigerweise angewendet habe, und allesamt gelten sie hier nichts. Man schaut mich hier sogar seltsam an, wenn ich Lieder pfeife. Was in Deutschland vollkommen normal und akzeptiert ist, gilt hier als seltsam und es wird erwünscht es zu vermeiden. Fähigkeiten, die hier anders gewichtet werden. Z.B. können viele Argentinier zwar nicht schwimmen, dafür habe ich hier aber noch niemanden kennen gelernt, der seine Personalausweisnummer nicht auswendig aufsagen kann. In Arbeiten wird man hier in der obigen Spalte sogar manchmal nach jener Nummer und dazu noch nach seiner Blutgruppe gefragt. Ich persönlich habe weder von der einen, noch von der anderen Sache eine Ahnung.  Und damit stehe ich in Deutschland wahrscheinlich nicht alleine da. Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der Deutschen wahrscheinlich nicht einmal sagen könnte wo auf ihrem Personalausweis diese Nummer vermerkt ist, ohne diesen aus der Tasche zu ziehen.
Nicht nur die Jahreszeiten laufen hier in Argentinien verkehrt herum. Aber wie immer ist das nur Ansichtssache, denn für einen Argentinier sind all die US-amerikanischen Weihnachtsfilme im Schnee seltsam und man fragt sich hier, was der Weihnachtsmann in Pelzmantel und Stiefeln bei 35 Grad Celsius im Schatten macht. In diesen langen Ferien kommt man häufig auf Gedanken an die Heimat, an Familie und Freunde. Ich bin mehr zu Hause, als wenn ich Schule habe, auch wenn ich mich häufig mit Freunden treffe und obwohl ich meine Gastfamilie wirklich gerne mag, bin ich doch ein wenig froh am Sonntag ein wenig Erholung zu haben, denn meine Gasteltern hatten die letzten zwei Wochen Urlaub. Diese ist schon meine dritte Erkundungstour  durch dieses Land, das neunmal größer ist als Deutschland. Fünf gibt es insgesamt, ich bin also schon weit vorangeschritten. In meinem Kalender dieses Jahres harke ich jeden einzelnen Tag ab und nummeriere sie. Am 14. Februar fehlen noch genau 99 Tage. Er ist also der erste zweistellige Tag und viel fehlt bis dahin nicht mehr. Bei meinem nächsten Blogeintrag liegt dieser Tag wahrscheinlich schon hinter mir.
Aber  sicherlich wird es auch ein seltsames Gefühl sein wieder nach Deutschland zurückzukehren. Viele Dinge werden sich geändert haben, nicht zuletzt auch ich. Selbst mein deutsches Zimmer ist nicht mehr so, wie ich es verlassen habe. Ich habe einen neuen Kleiderschrank und außerdem ist es aufgeräumt. Letzteres wird wohl kein Dauerzustand bleiben. Aber mit diesen Änderungen meine ich nicht nur sichtbare Dinge, wie ein neuere Schrank oder eine neue Frisur sondern auch veränderte Beziehungen zu Freunden und ihre eigenen Persönlichkeiten. Ich hoffe, man wird mich wieder so aufnehmen. Ich zumindest habe die Hoffnung meinen Umkreis nicht zu verlieren.
Und am Ende des Tage liege ich wieder am Pool und denke: Nur die Wolken bleiben so wie sie sind…

Montag, 27. Dezember 2010

Vanillekipferl im Pool - Ein frohes Fest

Dienstag 14.12.10, 13:32 Córdoba Argentinien, am Pool:

Ich liege mit meiner ebenfalls schwitzenden Freundin auf einer pinken Luftmatratze im Pool eines Hauses der 1,3 Millionen-Einwohner-Stadt Córdoba in Argentinien und halte in der einen Hand eine Schale mit weihnachtlich riechenden Keksen, in der anderen ein Glas eiskaltes Wasser. Die Kondenswassertropfen fließen langsam am Glas hinab über meine Finger in den Pool.
Es ist zu beobachten, dass uns beiden die starke Hitze zu schaffen macht. Wir sind solche Temperaturen in diesem Teil des Jahres nicht gewohnt. Wir tauschen unsere Meinungen über den Geschmack der frisch aus dem Ofen geholten, provisorisch mit gemahlenen Erdnüssen zubereiteten Vanillekipferl, die wir nebenbei genüsslich verzehren, denn obwohl es in Argentinien eine unvergleichliche Auswahl an Keksen gibt, sind Vanillekipferl und Zimtsterne hier leider nicht zu finden. Von meiner Seite wird beklagt, dass ich mich obgleich der voranschreitenden Adventszeit, nicht wirklich in weihnachtliche Stimmung versetzt fühle. Mir fehlen Adventskalender, Adventsschmuck, Adventskranz, Weihnachtsmarkt, Schneemann, Schneeballschlachten, Nikolaus und eben besagte Weihnachtsplätzchen mit Mandeln und Haselnüssen, die in Argentinien leider nur zu unerschwinglichen Preisen von umgerechnet drei Euro und mehr pro 100g erhältlich sind.
Die etwas nüchternere Antwort meiner Freundin ist, dass ich diese Dinge nächstes Jahr ohnehin wiederhaben werde und dieses eine Jahr meines Lebens eben darauf verzichten müsse. Dafür bekämen wir ja die hiesigen Weihnachtsbräuche nähergebracht. Mir geht durch den Kopf, dass ich wohl ein etwas sehnsüchtigerer Mensch bin, als es meine Freundin ist und dass ich fast immer das haben will, was ich nicht habe. Wie bei einem kleinen Kind, dem man Bauklötze wegnimmt, mit denen es gar nicht spielt. Ist das jetzt nur ein Fehler meinerseits oder liegt das in der menschlichen Natur? Ich kann es nicht genau sagen, aber mir scheint es, dass dieser Fehler bei mir ausgeprägter zu Tage tritt als bei einigen anderen. Bin ich hier, will ich zurück, bin ich dort, will ich hierhin…
Es ist war, von weihnachtlicher Stimmung kann man in diesem Land an der anderen Seite des Erdballs nicht wirklich sprechen und nur die 50cm hohe künstliche Tanne, die einem mit all ihrem Glitzer und Lametta ins Auge sticht, sobald man die Tür öffnet und unsere Küche betritt, erinnert einen daran, dass man sich trotz der etwas wärmeren 35 Grad Celsius und Sommerferien bereits im Dezember befindet und somit die vorweihnachtliche Zeit schon angefangen hat.
Fast drei Monate Sommerferien von Mitte Dezember bis Anfang März . Das nenn ich mal eine vernünftige Auswirkung der globalen Klimaerwärmung. :D
Viel Zeit bringen Sommerferien mit sich und nach den letzten Anstrengungen des vergangenen Schuljahres genieße ich diese auch. Viele Vorträge, viele Arbeiten und wenig Zeit für Ruhe und Spaß habe ich hinter mich gebracht um drei Monate Ruhe zu finden,, mich mit Freunden zu treffen und auf neue Entdeckungstouren des sehr und in vielen Gegenden  hübschen Zentrums Córdobas zu gehen.
Ich weiß nicht, ob euch bewusst ist, dass ich nach en Ferien, die, wie ich es aus Erfahrung bereits weiß, nur noch zwei Monate bis zu meiner Rückkehr bleiben! Darauf freue ich mich auch schon, denn obwohl es mir hier sehr gut geht, vermisse ich meine Freunde und Familie und merke, wie wichtig diese eigentlich für mich sind.
Aber jetzt ist erst einmal Halbzeit. Mehr als fünf Monate sind schon um und nahezu die gleiche Zeit liegt noch vor mir. Die vergangenen fünf Monate vergingen manchmal wie im Flug und manchmal schien die Zeit in Sekunden vorüberzugehen, die sich wie Stunden anfühlten. Mit gemischten Gefühlen blicke ich zurück: Viele schöne Dinge liegen schon hinter mir, viele neue Gesichter habe ich kennen, und einige auch schätzen gelernt, andere sind einfach nur vorübergezogen. Glücklich und Stolz bin ich, dass ich schon so viel Zeit hier verbracht habe und viele Herausforderungen gemeistert habe. Glücklich und erwartend blickt ein Teil von mir auf die kommenden fünf Monate, andererseits fühle ich manchmal auch ein wenig Traurigkeit, einerseits bin ich von meinen lieben Daheimgebliebenen schon lange entfernt und noch einmal so lange wird es dauern, bis sie mich am Flughafen willkommen heißen können. Andererseits bin ich traurig, weil ich viele Menschen hier wirklich lieb gewonnen habe und auch diese vermissen werde, wenn ich zurückkehre.
Als ich ankam, war der Abflug etwas weit entferntes, fast unerreichbares und zwischen mir und ihm standen unzählige Dinge. Jetzt steht sogar schon das Datum dieses Tages fest. Am 24. Mai werde ich nach vielen Tagen in Argentinien wieder ins Flugzeug steigen und voraussichtlich am 25. Mai 2011 wieder deutschen Boden betreten. Richtig vorstellen kann ich mir das noch nicht. Dennoch rückt dieser Tag näher.

Die Monate vergehen besonders im letzten Schulstress und in den Ferien schnell und da wundert es hoffentlich niemanden, dass ich in letzter Zeit zwar immer wieder daran gedacht habe, einen neuen Blogeintrag zu starten, aber unglücklicherweise nicht dazu gekommen bin. Trotzdem konnte ich mich nie dazu aufrappeln, wer sitzt schon bei 30 Grad und strahlender Sonne gerne vor dem Computer und schreibt seitenlange Berichte über das, was für einen selbstverständlich geworden ist. Daher bin ich zu dem Entschluss gekommen, mich nicht immer erst zu entschuldigen, wenn ich ein neues Dokument starte, um meinen Blog fortzuführen. Nein, ich will euch berichten, was ich im letzten Monat erlebt und ganz besonders, wie ich Weihnachten verbracht habe:

Eine kurze Auflistung der Highlights (Chronologie nicht garantiert, so gut ist mein Gedächtnis nicht…)
1. Besuch einer Ballettaufführung im Teatro del Libertador San Martin. Eine meiner argentinischen Freundinnen tanzte und ich habe einen schönen Abend mit meinen Freunden verbringen können. Danach waren wir gemeinsam bei MC Donalds essen.

2. Letzte zu beendenden Vorträge gehalten. Die Themen war Deutschland generell (Ich habe zwei Doppelstunden gebraucht um dieses doch sehr komplexe Thema auch nur in Grundzügen darzustellen und bin an meine sprachlichen Grenzen gestoßen, als ich erklären musste, was der „Kalte Krieg“ ist oder war. Mir ist keine Übersetzung für psychologischer Aufrüstungskrieg eingefallen…) und Das deutsche Schulsystem (für Mathematik?! Mein Mathelhrer hat mich alle drei Minuten unterbrochen und Behauptungen in den Raum gestellt um das Deutsche Schulsystem nieder zu hetzen. Das wollte ich ihm aber nicht erlauben und habe quasi jede Behauptung wiederlegt und verneint. Wir sind unterschiedlicher Meinung. So hatte dann der Vortrag fast die gleiche Ausdehnung wie der über Deutschland generell)

3. Letzter Schultag in Argentinien. Dieser bestand eigentlich nur aus einem Akt am Ende des Schuljahres, in dem jenes in Erinnerung gerufen, mit viel Patriotismus, den nahezu alle Argentinier inne haben, die Nationalhymne gesungen wird und einige Schüler mit Urkunden in den Kategorien „ohne Fehltage“, „besonderes Engagement im Fach Religion“, „ besondere Anstrengung“ und „beste/r Klassenkamerad/in“ ausgezeichnet werden. Meine kleine Gastschwester hat eine Urkunde in zweiter Kategorie bekommen. Es stand in großen Buchstaben drauf: Für das Leben der christlichen Werte und besonderes Engagement… Ich erinnere mich, dass sie an diesem Abend ihre Kekse nicht mit mir teilen wollte. O Wie hart ist doch dieses Leben!

4.  Firmung meiner kleinen Gastschwester. Obwohl sie erst zwölf ist, ist sie hier diesen Monat zur Firmung gegangen. Man kann sich den Zeitpunkt aussuchen und mit den zwei Jahren Vorbereitung auch direkt nach seiner Erstkommunion anfangen.  Beim Rumfragen ist mir dann aufgefallen, dass trotz katholischen Glaubens sehr viele Argentinier ungefirmt geblieben sind. Das Fest war schön und ich habe einen netten Abend mit vielen leckeren Sachen und viiiiiieeeel Fleisch verbracht. Argentinien eben. 

5.  Zweimal Kekse backen mit Deutschen. Das erste Mal Vanillekipferl mit gemahlenen Erdnüssen und das zweite Mal Kokosmakronen, Schneeflöckchen (passend zur Jahreszeit: Hochsommer. Irgendwie muss man sich ja abkühlen) und unglücklicherweise einfarbiges Schwarz-Weiß-Gebäck. Ich hatte den Backkakao zu Hause liegen lassen.

6. Großes Jahresende-Fest mit meiner Gastfamilie. Jedes Jahr aufs Neue feiert eine reiche, alte Frau ein großes Fest, zu dem sie viele verschiedene Familien einlädt, unter anderem auch meine Gastfamilie. Es gab zu essen und es wurde viel getanzt. Ich habe mich mit einigen anderen Jugendlichen, die auch nicht tanzen wollten in einen anderen Bereich des Hotels, in dem die Feier stattfand zurückgezogen. Mein Gastvater hat viel getrunken und getanzt und wurde am Ende zum König des Festes erklärt. Ihm und meiner Gastmutter wurde ein großer Blumenstrauß überreicht und wir sind um 6:30 morgens mit dem Auto vor unserer Haustür vorgefahren. Am nächsten Tag habe ich bis drei Uhr geschlafen.

7. Weihnachtseinkäufe mit Julia, meiner deutschen Freundin. Wir sind einen Samstagmorgen ins Zentrum gefahren und haben Weihnachtseinkäufe für unsere Gastfamilien getätigt. Meinen Gastschwestern habe ich Haarschmuck und Ketten geschenkt, meiner Gastmutter ein Buch, in dass ich deutsche Rezepte auf Spanisch übersetzt habe und meinem Gastvater zwei große Tafeln seiner Lieblingssüßigkeit, die sich Mantecol nennt und aus einer Erdnusspaste hergestellt wird. Ich mag es auch.

8. Weihnachten bei meiner Gastoma mit meiner Familie. Erst einmal „FROHE WEIHNACHTEN“ an alle, denen ich dieses noch nicht gewünscht habe. Fühlt euch umarmt, soweit ihr meine Freunde und Familie seit J In Argentinien wird der 25. Dezember, als an unserem deutschen ersten Weihnachtsfeiertag gefeiert. Am 24. Dezember Abend um 21:00 sind wir also aufgebrochen zur Oma um dort mit versammelter Familie das Weihnachtsfest zu begehen. In die Messe gegangen sind wir nicht und es scheint so, als seien die Weihnachtsmessen auch nicht sonderlich gut besucht und das obwohl mehr als 90% der Argentinier katholisch sind. Trotzdem (oder vielleicht auch gerade deshalb) habe ich Weihnachten schön verbracht. Als wir ankamen setzten wir uns draußen hin, Tische und Licht waren schon bereitgestellt und warteten auf 0:00 des 25. Dezembers. Weihnachten ist hier für mich wie Silvester. Um Mitternacht also wird das Feuerwerk eröffnet und wir und auch viele andere Menschen haben große Stoffballons in den Himmel geschickt. Unten wird ein Teelicht reingehängt und es steigt ein orangefarbener Ball auf in den Himmel. Danach war ich noch bis 4:30 wach und habe mit meinen Cousins und meiner Gastschwester geredet und einen kleinen nächtlichen Spaziergang unternommen, bei denen wir vielen jungen Leuten begegnet sind, denn viele jener gehen nach Weihnachten in Diskos um zu feiern. Na dann ein besinnliches Fest… Geschlafen hat meine Familie und damit auch ich übrigens bei meiner Oma und als wir dann am nächsten Morgen zurückgekehrt sind hatte „Papá Noel“ die Geschenke schon vorbeigebracht. Ich habe ein Handtuch, Flip-Flops, eine Tasche und ein Buch namens „El humor de los hombres que hicieron la Patria“ bekommen. Darin findet sich eine Auswahl an humoristischen Texten von wichtigen Personen Argentiniens. Traditionell bekommen die Argentinier ihre Geschenke aber eigentlich um Mitternacht am25. Dezember.

9.  Mein iPod hat sich verabschiedet und ich musste zu einem MacStore hier in der Nähe, der diesen jetzt eingeschickt hat, weil sie auch keine Lösung gefunden haben. 15-20 tage Warten auf die Rückkehr meines heißgeliebten Elektrogeräts…

10.  Erstes Asado bei mir zu Hause veranstaltet. Es war das beste Asado, das ich je gegessen habe. Das Fleisch war super und ich habe einiges neues probiert. Am besten hat mir Fleisch gefallen, dass mein Gastvater mir zum probieren gegeben hat und das irgendein Teil des inneren Halses der Kuh zu seien scheint, welches genau habe ich leider nicht herausgefunden. Das einzige, was ich weiß ist, dass es relativ weich, ohne störendes Fett an der Seite ist und die Kuh zwei davon hat. Ob ich wirklich wissen will, was es ist, weiß ich nicht…


11.  Ich habe eine neue Webcam und eine neue Digitalkamera. Irgendwie gehen in meinem Umfeld immer alle Elektrogeräte kaputt ohne dass ich auch nur meinen kleinen Finger bewege. Jedenfalls hat meine Mutter in Deutschland eine in Berlin lebende Frau kennen gelernt, deren Tochter auch ihr Auslandsjahr in Córdoba verbringt. Diese Mutter kam/kommt zwischen Weihnachten und Neujahr ihre Tochter besuchen und hat mir netterweise diese Dinge mitgebracht. Ich habe mich sehr gefreut und Falls dieses von den Beiden gelesen wir: „Herzlichen Dank“ J

Ansonsten habe ich mich viel mit Freunden getroffen, war viel in verschiedenen Schwimmbecken, es ist immer wärmer geworden. Manchmal bis zu 38 Grad. Wenn ich meine täglichen deutschen Nachrichten lese, staune ich immer wieder, dass bei euch jetzt schon Winter ist und ihr frierend drinnen sitzt oder Schnee schippt. Seltsames Gefühl im Hochsommer.

Nächsten Monat steht meine Reise zu den Wasserfällen von Iguazú an. Das sind hinter den Niagara-Fällen die zweitgrößten der Welt. Spätestens dann kommt mein nächster Post online. Vielleicht finde ich aber auch noch nach Silvester Zeit euch zu schreiben, dann kann ich einen separaten Post online stellen, der euch dieses wunderbare Naturphänomen nahebringt und euch nach Pinguinen, Walen und der Tatsache, dass ich leicht schwitzend im Hochsommer sitze, noch ein wenig neidischer macht, als ihr es ohnehin schon seit.
Trotzdem hoffe ich sehr, dass ihr mich pünktlich am 25. Mai 2011 wieder in Deutschland am Düsseldorfer Flughafen empfangt und wenn ich morgens ankomme, hoffe ich, dass all meinen Freundinnen freigegeben wird oder sie zufällig krank sind nur um mich wieder in ihre Arme zu schließen.
Liebe Grüße aus Argentinien,
Anja



 

Montag, 22. November 2010

Mir fällt kein passender Titel ein. Arbeit?

Seit einiger Zeit habe ich mich nun nicht mehr gemeldet. Als Austauschschüler auf so lange Zeit hat man schon einige Pflichten im Aufenthaltsland einzuhalten und besonders in letzer Zeit fordern mich einige schulische Angelegenheiten besonders heraus.
Ich zähle mich in Deutschland eigentlich eher zu den lernfauleren Schüler und solange ich nicht unbedingt muss oder es sich irgendwie vermeiden lässt, umgehe ich diese mir eher unangenehm erscheinende Beschäftigung, als Schüler kennt man ja verschiedene Methode ;D.
Hier aber, stellt sich diese Tätigkeit in vielen Fällen leider als unvermeidlich heraus und während meine deutschen Mitschüler an meiner Schule sich zurücklehnen und reichlich wenig tun, häufen mir meine Lehrer immer mehr Arbeit auf. Hier eine Arbeit über das deutsche Schulsystem, dort ein Vortrag über die Geschichte meiner Stadt und weil das natürlich noch nicht reicht, verlangt der nächste Lehrer noch eine Arbeit über internationale Zusammenkünfte zum Thema Kinderrechte um mich auf den gleichen Stand zu bringen wie meine Klassenkameraden.
Nebenbei steht es in einigen Fächern natürlich außerfrage, dass ich die Arbeiten mitzuschreiben habe und in jegliche Gruppenarbeiten involviert bin. Kommt denn eigentlich mal jemand auf die Idee, dass ich das ganze in einer Fremdsprache bewerkstelligen muss, die ich seit nun etwas mehr als einem halben Jahr lerne und daher gut die doppelte Zeit für alles brauche?!
Wen überrascht es da, dass ich kaum Zeit finde um meinen Blog weiterzuführen. Ich hoffe, dass ihr mir meine Nachlässigkeit verzeiht, denn nach mehr als vier Monaten habe ich nicht mehr das Gefühl viel neues Berichten zu können, obwohl das nicht der Fall ist, denn wenn ich meine Einträge nachher nocheinmal überlese, bin ich eine Zeit damit beschäftigt, denn letztendlich werden meine Berichte immer mehr oder weniger lang.
Könnt ihr euch vorstellen, dass einige der Schüler, die mit mir nach Argentinien geflogen sind schon mitte nächsten Monats wieder zurückfliegen werden und ihnen somit nur noch weit weniger als ein Monat verbleibt? Mir erscheint trotz einiger schwerer Zeiten, die ich hier durchgemacht habe, mein Aufenthalt wesentlich kürzer. In etwa die Hälfte, mehr oder weniger zwei Monate aber ganze vier kann ich mir nicht vorstellen, wenn ich zurückblicke,
Nur an der Menge der Ereignisse lässt sich feststellen, dass es doch weitaus mehr sein muss und ich schon in weniger als einem halben Jahr meine wirkliche Familie in die Arme schließen kann, denn das ist eine Sache die mir wirklich wichtig ist und je länger sie mir vorenthalten wird, desto mehr fällt mir auf, was meine Familie und meine Freunde eigentlich für eine unglaublich hohe Bedeutung in meinem Leben haben. Mit einer Wichtigkeit dieser Größenordnung hätte ich nicht gerechnet. Wie sehr ich es doch vermisse mich einfach auf mein Fahrrad zu setzen und meine Freunde zu besuhen, um einfach nur gemeinsam gar nichts zu machen!
Hier sind diese Treffen einfach anders und obwohl ich mich durchaus wohl fühle und auch viele neue Freunde gefunden und neue Kontakte geknüpft habe,  liegt mir das gesellschaftliche Leben Deutschlands doch eher. Hier ist es schwierig einfach nur mal zu ´sagen, was man denkt und wie man zu einem Thema steht. Klar und deutlich. Aber das ist hier nicht angebracht und damit habe ich mich auch abgefunden. Dennoch bevorzuge ich in diesem Punkt Deutschland.
Ein anderer Punkt, der mir allerdings in Argentinien weitaus besser gefällt, ist die generelle Zusammengehörigkeit der Klassen. Natürlich spaltet sich das ganze auch in Cliquen auf, aber diese sind weder so versessen nur mit ihren besten Freunden in Kontakt zu kommen, noch gibt es innerhalb der Klasse groß ausgetragene Konflikte. Sicherlich können sich nicht immer alle gut leiden, aber man zieht hier höchst selten öffentlich über andere her, was zwar in gewissermaßen der oberflächlichen Höflichkeit der Argentinier zuzuschreiben ist, die ich generell eher wenig schätze, aber dieser Punkt ist doch ein positiver Ausläufer des Ganzen.
Trotzdem steht man manchmal an irgendeiner Ecke, redet mit jemandem oder ist allein, es hängt wenig von der Situation ab aber dann überkommt einen einfach die Frage: Was mach ich eigentlich hier, wieso tue ich mir das an? Bist du verrückt, zehn Monate in einem anderen Land, ohne deine Freunde, ohne deine Familie…
Und trotzdem will ich bleiben und dieses Jahr genießen, was ich in vielen Momenten auch tue und ich freue mich, dass mir das auch meine Daheimgebliebenen ermöglichen. Dadurch, dass sie mich immer wieder unterstützen, mir sagen dass ich ihnen wichtig bin, auch sagen, dass sie mich vermissen und dass die sich trotzdem für mich freuen und mich in jeglicher ihnen möglicher Art unterstützen.
Aber nun werde ich damit beginnen euch mitzuteilen, welche Geschehnisse in letzter Zeit stattgefunden haben und wieso mich so viele Dinge davon abgehalten haben meinen Blogeintrag zu schreiben:
Beim Pfannekuchen backen
(Das mit dem Wenden muss ich noch ueben...)
Eigentlich war ich schon während des Eintrags über Puerto Madryn mit anderen Dingen beschäftigt, denn ein Lehrer hatte mir aufgetragen eine mindestens sechsseitige Arbeit über verschiedene Themen zu schreiben, damit ich auf den Wissensstand der Klasse aufhole und er generell denke, dass Erziehung nicht ohne Überprüfung möglich sei. Wie man mich kennt, habe ich daraufhin die Frist ablaufen lassen und mit viiiiiieeeelen viel interessanteren Dingen gefüllt. Am letzten Abend saß ich dann am Computer und hatte einen Haufen Arbeit vor mir und obwohl ich diese Situation schon gewohnt bi n, hasse ich sie immer noch.
Am Pool
Letztendlich habe ich den Vortrag abschließen können und später bekam ich die Arbeit mit der Note acht zurück, was in Argentinien schon eine gute Note ist, denn das Notensystem geht hier von eins bis acht, wobei eins das schlechteste ist.
Aber auch danach war ich die gesamte Woche beschäftigt! Arbeiten hier und da…
Viel lernen und die Entwicklung neuer Techniken um dieses zu umgehen prägten meine Zeit.

Sommerlaune
Das folgende Wochenende war ich dann von Freitagabend bis Sonntagabend war ich bei meiner Freundin Julia, denn meine kleine Schwester war mit meinen Gasteltern in Buenos Aires um sich das einzige Konzert ihrer Lieblingsband in Argentinien. „The Jonas Brothers“, so nennt sich das Objekt ihrer Träume und daher wundert es mich gar nicht, dass sie in diesen gelegentlich laut redet oder auch schreit. Allein deswegen schon kann ich diese Disney-„Rocker“ nicht leiden: Sie rauben mir den Schlaf…
Ich habe allerdings auch ein schönes Wochenende verbracht. Wir hatten viel Spaß gemeinsam, waren einkaufen und endlich habe ich eine passende kurze Hose und ein leichtes T-Shirt für die warme Sommerzeit gefunden, wir waren gemeinsam im Pool ihrer Gastfamilie, haben viel (Deutsch) geredet und gemeinsam gelacht.
Tedede (Man nimmt den ganz normalen Mate-Tee und trinkt ihn aber mit einer Art Instant Saft, etwas süßer als Fruchtsaft und in Pulverform erhältlich, muss im Wasser aufgelöst werden) trinken, Sonnenschein, Musik, Pool…
Werdet ihr schon neidisch?
Doch weiterhin hatte ich viel zu arbeiten und selbst bei meiner Freundin konnte ich nicht umhin meine mitgebrachten Blätter auszupacken und (im Pool) anfangen für die nächste Arbeit zu lernen (für die ich schließlich auch eine neun erhalten habe).
Die Wochen sind für mich immer anstrengend und für euch langweilig und ich freue mich schon unglaublich auf die Sommerferien. Dann werde ich noch mehr Zeit draußen verbringen, die warme Sonne genießen, die schon hin und wieder herauskommt, mich mit meinen Freunden treffen…
Ach Träume! Es fehlen noch vierzehn Schultage bis zur Erlösung am 10. Dezember!
Seit den Osterferien dieses Jahres hatte ich keine wirklich schulfreie Zeit mehr!
Schon am dritten tag der Sommerferien bin ich geflogen, davor wurde gepackt, danach kam der Spanischunterricht, dem die Schule folgte.
Ich brauche Ferien!!!
Dennoch freue ich mich schon darauf, dass die Ferien dann um sind, denn dann fehlen nur noch zwei Monate bis zu meiner Rückkehr.
Torte
Ich erwarte euch dann am Flughafen.
Asado
Das folgende Wochenende, jenes, das gerade hinter mir liegt, war ich am Samstag im Kino, habe mir mit Freunden den neuen Harry Potter angesehen. Ich persönlich war von der Umsetzung begeistert und halte es für die richtige Entscheidung das Buch in zwei Teilen zu verfilmen. So wird endlich einmal nicht alles gekürzt.
Sonntagmorgen sind wir dann aufgebrochen um den Geburtstag meiner Gastoma nachzufeiern.
Es gab Asado, wie immer wenn ich dort bin. Der Tag an sich war auch sehr vergnüglich.
Empanadas...
Wir haben viel gelacht, geredet und unglaubliche mengen gegessen, bevor wir dann am Abend um halb zwölf wieder zu Hause ankamen.
Heute habe ich schulfrei. Welcher Feiertag ist, weiß ich nicht genau, nur dass er dieses Jahr das erste Mal stattfindet und die jetzige Präsidentin  ihn eingeführt hat.
Nachdem ich dann mein Zimmer aufgeräumt hatte, habe ich mich direkt an den Computer gesetzt und diesen Blogeintrag verfasst, der mit diesen Worten endet.
Viele Grüße und vergesst mich nicht.
Anja

PS: Ich habe vergessen zu berichten, dass ich einen neuen Verwandten habe:
Der kleine Hosenscheisser auf dem Arm meiner kleinen Gastschwester.
Er scheint etwas zu suchen...



Mittwoch, 3. November 2010

Happy Birthday Papa!

Heute hat mein Vater in Deutschland Geburtstag und ich wünsche ihm aus Argentinien
Alles Gute!
Auch wenn in Deutschland jetzt schon nach Mitternacht ist und dein Geburtstag somit eigentlich vorbei, hoffe ich dennoch, dass du gut gefeiert und mich zwar ein wenig, aber nicht zu sehr vermisst hast.
Gerade so, dass du noch alles genießen konntest.
Denk daran, dass du mich in gewisser Weise immer bei dir trägst und ich dich lieb habe.
Danke für alles, was du mir gegeben hast und immer gibst.
Ich kann dir gar nicht alles zurückgeben, auch wenn unsere Leben unendlich lang wären.
Danke und Herzlichen Glückwunsch Papi!
Bis zum nächsten Post über Argentinien musst du leider noch warten aber du weißt eigentlich immer was mir passiert. Entweder durch Skype oder weil du es als Vater natürlich spürst.
Bis in sechseinhalb Monaten am Flughafen.
Deine dich vermissende Tochter.
(Anja)

Sonntag, 31. Oktober 2010

In 24 Stunden durch die Hälfte Argentiniens...

... oder wie Titel noch einfallsloser werden können.
Und wieder sind zwei Wochen vergangen, kaum vorstellbar für mich, denn wenn ich die zurückliegende Zeit einmal genauer betrachte, fällt auf, dass meine Ankunft schon fast dreieinhalb Monate her ist und ich daher schon ein drittel meiner Zeit hier hinter mir liegt. Im Mai des kommenden Jahres werde ich wieder im Flugzeug sitzen und dann mit müden Augen und verspanntem Nacken wieder in Deutschland ankommen...
Dennoch freue mich jetzt schon auf das zusammentreffen mit meiner Familie und meinen Freunden.
Manchmal kommt mir die Zeit hier schon etwas lang vor und ich denke mir: Das schaffst du nie! Wieso bist du hier? Wieso bist du nicht im behaglichen zu Hause geblieben? Wieso liegst du jetzt nicht zu Hause auf dem Sofa mit Decke und Tee und fängst im kalten deutschen Novemberwetter an zu frieren?
Und dann wäre ich gerne in dieser Lage. Man wünscht sich eben das was man nicht hat, denn ich bin mir sicher: Läge ich unter meiner Decke in Deutschland würde ich mich in ein warmes, weit entferntes Land wünschen.
Und wenn ich dann manchmal so zweifle, denke ich an eins meiner Lieblingsbücher zurück, dass ich immer gerne gelesen habe und das mich immer wieder besonders mit gewissen Passagen begeistern konnte:
Momo von Michael Ende.
Wer kennt nicht den alten Straßenfeger Beppo mit seinem Besen?
Hier scheint er mir die passendste Figur für mich als Austauschschüler, weit weg von zu Hause und noch sechseinhalb weitere Monate in einem fremden Land verweilend:


Er fuhr jeden Morgen lange vor Tagesanbruch mit seinem alten, quiet-schenden Fahrrad in die Stadt zu einem großen Gebäude. Dort wartete er in einem Hof zusammen mit seinen Kollegen, bis man ihm einen Besen und einen Karren gab und ihm eine bestimmte Straße zuwies, die er kehren sollte.  Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wusste, es war eine sehr notwendige Arbeit.Wenn er so die Straßen kehrte, tat er es langsam, aber stetig:Bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich. Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenklich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter:Schritt - Atemzug - Besenstrich.  Während er sich so dahinbewegte, vor sich die schmutzige Straße und hinter sich die saubere, kamen ihm oft große Gedanken. Aber es waren Gedanken ohne Worte, Gedanken, die sich so schwer mitteilen ließen wie ein bestimmter Duft, an den man sich nur gerade eben noch erinnert, oder wie eine Farbe, von der man geträumt hat. Nach der Arbeit, wenn er bei Momo saß, erklärte er ihr seine großen Gedanken. Und da sie auf ihre besondere Art zuhörte, löste sich seine Zunge, und er fand die richtigen Worte. "Siehst du, Momo", sagte er dann zum Beispiel, "es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man."  Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: "Und dann fängt man an, sich zu beeilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen."  Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter: "Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten." Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: "Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."  Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: "Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste." Er nickte vor sich hin und sagte abschließend: "Das ist wichtig." 


Dieser Text spiegelt das, was ich tun sollte gut wieder und ich danke Michael Ende dafür, dass er diese Wahrheit in ein so wundervolles Buch geschrieben hat, das mich immer wieder dazu bewegt, an meinen nächsten Schritt, meinen nächsten Atemzug und meinen nächsten Besenstrich denken zu lassen.


Nun aber zu den Ereignissen der letzten Wochen. Besonders will ich euch natürlich von meiner Reise nach Puerto Madryn zu den Walen und Pinguinen berichten:
Meinen Koffer hatte ich am Tag vor der Abreise also schon gepackt und am Mittwoch um zwei Uhr sollte die Reise im Bus Richtung Ziel losgehen. Weil aber vor zwei Uhr Nachmittag noch ein ganzer Morgen offen stand, musste ich dennoch um 6:30 wie gewohnt aufstehen und zur Schule gehen, denn so hatte es meine Gastmutter am  Tag vorher beschlossen und dem hatte ich mich gefügt.
Nach einem also wie immer relativ anstrengendem Schultag ging ich also um 12:35 verfrüht nach hause, denn eigentlich hatte ich Schule bis zwei Uhr und danach noch Sport, doch da ich um diese Zeit schon am Bus zu sei hatte, hatte mir meine Mutter eine Notiz geschrieben, dass ich früher gehen durfte.
Als ich dann zu Hause ankam aß ich, überprüfte noch einmal, ob ich auch alles eingepackt und nichts vergessen hatte und anschließend hievte ich meinen Koffer ins Auto und wir fuhren zum Bus, wo meine Gastmutter sich auch schon schnell wieder von mir verabschiedete, weil sie vergessen hatte Münzen für die Parkuhr einzustecken.
So ging ich dann allein zu meinen deutschen Freunden, die zusammen mit den anderen Menschen der argentinischen Reiseorganisation, mit der wir diesmal fuhren, schon größtenteils vor dem Bus warteten und von denen, wie ich später erfuhr, nur ein anderes Mädchen an besagtem Mittwoch auch in der Schule war.
Dann wurde unser Gepäck verladen und wir stiegen in den oberen Bereich des Doppeldeckerbusses, wobei gleich auffiel, dass wir für diese Fahrt leider nicht dieselben Sitze hatten wie letztes Mal, denn diese hier waren schmaler und leider nicht ganz so bequem. Dennoch, dachte ich mir, sollten sich die fast vierundzwanzig Stunden Busfahrt aushalten lassen und so war es letztendlich auch. Mehrere Male haben wir Pausen gemacht, vielmehr ist nicht passiert. Ich habe sehr viel geschlafen, mir die Podcasts angesehen, die ich auf meinem iPod noch nicht gesehen hatte, ein Hörbuch und viel Musik gehört. 
Und dann habe ich das erste Mal das Meer wiedergesehen.
Es war früh morgens, unsere letzte Pause, damit wir frühstücken gehen konnten. Und als ich aus dem Bus ausstieg und mich umdrehte sah ich es. Noch ein wenig grau, wellig und am Horizont waren Wolken zu sehen. Aber immerhin: Meer. Seine eigentliche Schönheit an ebendieser Stelle lies sich zu dieser Zeit leider nur erahnen. Aber anstatt den schönen Sandstrand, der sich von meinem Standort aus leider nur erahnen ließ, zu erkunde, gingen wir zuerst zusammen frühstücken, wobei ich das Essen wenig genoss und eher hastig herunter schlang um endlich zum Meer gehen zu können, was ich im Anschluss auch tat und zum ersten Mal seit einiger Zeit (seit dem letzten Sommerurlaub) mehr zu spüren, denn so gesehen unterscheidet sich allein vom Gefühl her mit nackten Füßen durchzugehen, das argentinische Meer nicht sehr vom deutschen Meer. Vielleicht ist es ein wenig klarer, kann aber auch sein, dass es mir an diesem Tag nur so vorkam. Jedenfalls ist es schön und obwohl es an dem morgen noch relativ kalt war, konnte ich diesen kleinen Spaziergang nach zwanzig Stunden Busfahrt sehr genießen.
leider fehlten noch drei weitere Stunden und so mussten wir alle gemeinsam wieder in den Bus einsteigen um die restliche Zeit im Gedanken ans Meer weiterzufahren. Letztendlich sind wir auch in Puerto Madryn angekommen und nachdem wir an den ersten Hamburg Süd Container vorbeigefahren waren, sichteten wir unser rosafarbenes Hotel und stiegen aus. Da das Hotel direkt in erster Reihe am Hotel lag, blieb noch die Hoffnung morgens aufzuwachen, ans Fenster zu treten und aufs Meer zu blicken und so gingen wir voller Erwartung in unsere Zimmer. Ich teilte mir meins mit Julia, vielleicht erinnert ihr euch noch aus dem letzten an sie. Jedenfalls betraten wir gemeinsam unser Zimmer, öffneten die noch geschlossenen Vorhänge und blickten hinaus.
Oder eher herein, denn leider führte das Fenster nur in einen winzigen Innenof. 
Da man nun also das Meer nicht vom Zimmer aus betrachten konnte gingen wir, nachdem wir gemeinsam mit unserer Gruppe der deutschen (auswärts) gegessen hatten, betrat ich zusammen mit Julia das erste Mal den Strand Puerto Madryns.
Erste Erkundungstouren ließen erkenne: Schöner Strand, das Wasser wirkte allerdings im ersten Moment noch etwas kalt und beim ersten Kontakt brannten die Füße, was sich aber schnell wieder legte.
Jedenfalls haben wir gemeinsam ersteinmal Sand, Meer und die Umgebung genossen und einige, sehr schöne Fotos gemacht.
Dann aber mussten wir ins Hotel zurückkehren, denn eine kleine Citytour stand auf dem Programm und so erkundeten wir im Bus Puerto Madryn. Es wurde uns ein Ort gezeigt, an dem die ersten Menschen diese Gegend erkundet hatten, nachdem sie in der Bucht, in der Puerto Madryn liegt, vor Anker gegangen waren und anschließend ersten Kontakt mit dem in dieser Gegend ansässigen Stamm der Ureinwohner Amerikas gemacht hatten. Und hier wurde uns auch zum ersten Mal vom großen Problem der Stadt berichtet, denn eigentlich ist dort großartiges Leben von Natur aus nicht möglich, denn es gibt an diesem Ort keine natürliche Wasserquelle und der nächste Fluss ist 70km entfernt, dennoch hat man es mit Hilfe von Leitungen und Tanks geschafft, die Stadt zu einem florierenden Ort entwickelt.
Zurückgekehrt hatten wir Freizeit bis zum Abendessen und auch danach, welche wir für erste Erkundungen durch die eigentliche Stadt nutzten und gleich auf einige sehr hübsche Geschäfte stießen.
Nach dem Abendessen, das übrigens meinen Geschmack weder an diesem noch an den folgenden Tagen traf, 
besuchten wir ein weiteres Mal kurz den Strand und vielen dann nicht allzu spät des Abends müde in die Betten.
Den nächsten Tag stand unser erster Ausflug bevor. nach Punta Tombo sollte es gehen und was wir dort sehen konnten waren kleine Tiere des Südens. Und zwar des Südens, wenn man immer weiter und weiter nach Süden geht: Pinguine.
Denn diese Tiere gibt es hier. Kleine, niedliche, schwarz-weiße Frackträger, die mich ungewollt immer wieder an Dinner-for-one erinnern, was dadurch, dass ich nun im Besitz einer kleinen, von mir gedrehten Videoaufnahme bin, in der ein Pinguin zuerst normal läuft und dann erst in die eine und dann in die andere Richtung über ein und denselben Ast fällt. Aber nicht nur dieses eine Video habe ich von diesen Tieren mitgenommen. ich habe fast die Hälfte des Speichers meiner Kamera mit Pinguin Bildern vollgeschossen.
Das ist auch kein wunder, denn in meinem Leben war ich noch nie so nah an diesen Tieren dran und das ohne Glasscheibe oder Gitterstäbe! Und die Pinguine sind in ihrer natürlichen Umgebung brütend wirklich putzig.
Jedes Jahr kommen sie an diesen Ort um sich zu paaren und ihre Jungen aufzuziehen. Und sie in ihren Bruthölen zu beobachten ist in der Tat ein großes Vergnügen und ich bin sehr froh, dieses Vergnügen nun gehabt zu haben.
Herzförmige Bruthöle
Weil Punta Tombo mitten im Nirgendwo liegt, so wie eigentlich alle Orte dieser Gegend, in der man drei Stunden durch ein und die selbe Landschaft fährt und die sich dann höchstens einmal in der Anzahl der Büsche und Guanacas (Lamaartige Tiere, die man in dieser Gegend auch sehr häufig sieht) unterscheidet, waren wir schon einige Zeit unterwegs, als wir dann Hunger bekamen und unsere Sandwichs aßen, wobei wir zufälligerweise neben einer Gruppe Franzosen saßen, die wir zwar nicht ansprachen, der Julia und ich aber versuchten zuzuhören denn wir beide hatten schließlich in unseren deutschen Schulen Französischunterricht.
Aber dann viel mir auf: Französisch kann ich nicht mehr. Je ne sais pas pourquoi aber eigentlich habe ich fast alles vergessen. Beim bilden des vorangegangenen Satzes musste ich schon überlegen, was "warum" heißt und automatisch lag mir ein spanische "porque" auf den Lippen. Ich freue mich, diese eigentlich doch wirklich sehr schöne Sprache für das laufende Jahr in Deutschland schon abgewählt habe!





Jedenfalls sind wir nach der Besichtigung dieser kleinen Tiere zurück ins Hotel gefahren und waren bis zum Abendessen in der Stadt.
Dort habe ich mir einige andenken an meine Zeit in Patagonien, so heißt nämlich diese Region gekauft, so zwei T-Shirts, einen Armreifen, Postkarten, Lesezeichen etc...
Dann abermals schreckliches Abendessen, Strand, Schlaf, morgens früh aufgestanden, gefrühstückt und wieder in den Bus, denn an diesem Tag fuhren wir um etwas größere Tiere zu sichten:
Mehr als nur etwas größer. Eigentlich noch größer. Jetzt: Wir waren bei den: Walen.
In Puerto Pyramides, so heißt nämlich der kleine Ort an der Bucht, in die der sogenannten Südkaper jährlich zieht um seine Junge zu bekommen und groß zu ziehen.
Leider wurden wir in zwei Boote aufgeteilt um auf Walsichtung zu gehen und ich landete unglücklicherweise auf dem größeren der beiden. Wir haben daher leider nicht sooo viel gesehen wie die andere Gruppe aber immerhin waren es Wale. Das sind schon wirklich beeindruckende Tiere.
Wir haben eine Mutter mit ihrem Kind gesehen und begleitet.
Leider haben wir keine Orkas gesehen, die man in genau dieser Bucht auch noch sehen kann und aber unglücklicherweise der anderen Gruppe vorbehalten waren und ich mich nur an den Fotos danach erfreuen konnte.
Aber alleine die Tatsache, dass ich richtige, große Wale im freien Lebensraum gesehen habe, macht mich froh und ich fand diese Sache ein wirklich tolles Erlebnis an das ich mich auch in einigen Jahren wahrscheinlich noch sehr gern zurückerinnern werde.
Nach dieser Walbeobachtungsfahrt haben wir in einem Restaurant in Puerto Pyramides zu Mittag gegessen und sind danach wieder zurückgefahren, was im Bus auch einige Stunden gedauert hat, denn diese ganzen kleinen Städte liegen nicht gerade nah aneinander.
Dann konnten wir den letzten Nachmittag in Puerto Madryn verbringen. Nocheinmal in die Stadt, die restlichen Andenken kaufen, die man sich eigentlich nicht kaufen wollte, weil sie einem zu teuer erschienen und die man sich aber doch kauft, weil man denkt, dass man es dann später doch bereuen würde, wenn diese nicht im Koffer lägen. Also eine weitere Postkarte, ein paar Ohrringe und eine Tasse noch kurzfristig mitgenommen und den letzten Abend in dem Restaurant gegessen, dessen Essen sich Abend zu Abend zu verschlechtern scheint, weshalb man sich nachher eine Pizza gekauft und mit der Freundin geteilt hat, Koffer gepackt, letzter nächtlicher Strandspaziergang genossenm bei dem der Mond voll und hoch über dem Wasser stand und das letzte Mal im anscheinend viel zu schmalen Hotelbett geschlafen, denn am Morgen hing ich wie gewohnt halb aus diesem Bett heraus und war dem Boden näher, als mir lieb war.
Dann ging es wieder zurück. Um acht Uhr morgens wurde der Bus ein weiteres Mal bestiegen, es wurde sich bequem gemacht und die erste Staffel geschlafen.
Die erste Pause wurde an dem Ort gemacht, an dem wir auf der Hinfahrt die letzte pause gemacht hatten.
Und jetzt offenbarte sich die ganze Schönheit dieses Ortes:
Grüne Papageien mit schillerndem Brustgefieder flogen umher, das Meer schien blau wie nie und unweigerlich musste ich an Erich Kästners 35. Mai denken und an Konrad und seinen Onkel in der Südsee.
Eine herrliche Umgebung!
Weißer Sandstrand, blaues Meer mit weißen Schaumkronen.
Ein wahrer Genuss in den ich in meinen leben wirklich noch einmal kommen möchte, weshalb ich in den nächsten Souvenirshop gegangen und mich auf einer Tasse des Namens des Ortes versichert habe:
Las Grutas. Hoffentlich bleiben diese zwei Wörter noch einige Zeit in meinem Gedächtnis...
Der Rest der Reise verlief doch sehr Ereignislos und so kamen wir am Montagmorgen um sieben Uhr wieder in Córdoba an. Den restlichen Tag habe ich größtenteils verschlafen. Dienstag war ich dann wieder in der Schule und generell wurde mir mittlerweile eröffnet, dass ich jetzt Noten und ein Zeugnis bekomme.
das bedeutet Arbeit und die haben mir meine Lehrer dierekt einmal aufgebrummt sodass ich die letzten drei Tage mit dem Schreiben einer spanischen Arbeit über die Themen wissenschaftliche Arbeit, Adoleszenz und Kinderrechte geschrieben habe und noch verschiedene Projekte ausstehen.
Manchmal ist das wirklich schwierig, denn  jetzt verstehe ich, wie man sich fühlt, wenn man einen Text auswendig lernen und begreifen soll, von dem man nicht einmal die Überschrift ohne Wörterbuch versteht.
Aber ich hoffe trotzdem, dass es gut läuft. Denk immer an Beppo, sage ich mir dann. Danke Michael Ende.
Da ich morgen wieder in die Schule muss, beende ich diesen Post mit diesen Worten und meinen letzten Bildern für meine Daheimgebliebenen. Erst jetzt weiß ich zu schätzen, was ich an euch habe:








Bis bald,
eure Anja

Dienstag, 19. Oktober 2010

Länger, länger ist's jetzt her

Schaut bloß nicht aufs Datum dieses und des letzten Eintrags, vergleicht bloß nicht die Zeitspanne, die zwischen diesen beiden Dingen liegt. Wenn für euch die Zeit genauso schnell vergeht, wie für mich, dann fällt es wohl auch niemandem auf, dass besagter Unterschied nun wieder mehr als zweieinhalb Wochen beträgt.
Dieses leicht angeschlagene Gewissen, dass ich immer davontrage wenn eine weitere Woche vorrübergegangen ist und ich immer noch keinen weiteren Post angefangen habe, ist kein sonderlich schönes Gefühl...
Und trotzdem trage ich es anderthalb Wochen danach noch mit mir herum, obwohl es doch eigentlich keine Sache von sonderlich großer Schwierigkeit  wäre, diese Situation aufzulösen, aber wenn man mich auch nur annäherungsweise kennen gelernt hat, ist wahrscheinlich bekannt: Meine Motivation und ich haben uns gestritten, seitdem leben wir getrennt.
Mir fehlt wohl das Talent mich selbst zu motivieren und nur der Gedanke an meinen armen, nun frierenden Daheimgebliebenen bringt mich dazu mich bisweilen vor meinen Laptop zu setzten und das Verfassen eines neuen Eintrags zu beginnen.Und wenn ich einmal vernünftig angefangen habe, stelle ich fest, das mir das Schreiben eigentlich Spaß macht und ich doch gerne erzähle, was mir in diesem immer noch unendlich fremd erscheinendem Land alles geschieht (wobei mir auch Deutschland in einigen Dingen nicht sonderlich heimisch vorkommt, wie ich immer wieder entdecke).
Meine Abneigung gilt anscheinend jeglichen Anfängen.
Wenn ich darüber einmal hinweg bin, komme ich mit dem Restlichen meistens gut zurecht.
Ich jage dem Anfang hinterher wie die Hunde dem Keks...
Was für eine Erkenntnis.
 Aber am Besten wäre es, wenn ich, meine Schlüsse aus dem Vorhergegangenen ziehend, anfange zu berichten, was die letzte Zeit erlebt habe, auch wenn es mir wieder merklich schwer fällt, einen Anfangspunkt zu finden.
Vielleicht würde sich ein chronologischer Aufbau empfehlen...
Also gehe ich nun geistig zurück zum 2. Oktober. Einem Samstag, wenn meine Erinnerung mich nicht trügt und ich erinnere mich daran, dass meine Gasteltern auf eine Feier eingeladen worden waren, auf die wir als ihre Kinder (oder als ihre Kinder und ihr Gastkind) nicht erwünscht waren, weshalb wir zu meiner Großmutter nach Rio Ceballos geschickt wurden, der Ort, der mittlerweile einen Platz in euren Gedächtnissen einnehmen könnte, denn er ist bereits mehrfach in meinen Berichten aufgetaucht:
Der erste Ort, an dem ich auf argentinischem Boden übernachtet habe, die Besuche meiner Großmutter, das im letzten Eintrag erwähnte "Campamento"...
Das alles fand in diesem kleinen Ort vor Córdoba statt und ich werde mich vermutlich noch einige Male in diese Richtung begeben.
Zwecks der Übernachtung sammelte ich also zur Mittagszeit (oder auch nach dem Aufstehen, was bei mir am Wochenende ein- und demselben entspricht) meine Sachen zusammen, um sie in meinen Rucksack zu packen und suchte auch alle Kabel meines Notebooks zusammen, denn ich hatte für Montag noch an schulischer Arbeit zu erledigen. Genauer gesagt, sollte ich ein Referat über die Geschichte meiner deutschen Heimatstadt halten. Da freut man sich als lernfauler Schüler natürlich sehr, wenn diese ihren Anfang in einer Befestigung der Römer gefunden hat und man mehr als zweitausend Jahre Geschichte zusammenfassen darf....
Dennoch habe ich mich bei meiner Großmutter angekommen "liebend gerne" an die Vorbereitung gegeben, meinen argentinischen Mitschülern einen Eindruck meiner Heimat zu vermitteln.
Kopfhörer ausgepackt, Musik angeschaltet und von der Außenwelt abgeschnitten um so dem gelegentlich an den Nerven sägenden Gesang meiner kleinen Gastschwester zu entgehen.
Meine ältere Schwester hatte sich dagegen entschieden mit uns zu kommen. Verständlich, dass man mit zwölf und sechzehn Jahren Abends noch nicht alleine zu Hause bleiben darf...
Wir haben gemeinsam gegessen, ich habe meine Arbeit erledigt, habe meine Schwester Korrektur lesen lassen wobei mir beim zweiten Lesen wieder einige Flüchtigkeitsfehler ins Auge gefallen sind.
Danach hatte ich mir fest vorgenommen das ganze Auswendig zu lernen, damit ich nicht Worte suchend vor meiner Klasse stehen muss, doch dieser Versuch konnte meine Aufmerksamkeit nicht an sich binden und somit bin ich zum Lesen des ebenfalls mitgebrachten Buches übergegangen.
So langsam gehen meine Vorräte zu Ende. Es fehlen nur noch zwei deutsche Exemplare und ich müsste anfangen, Bücher nochmals zu lesen, obwohl das eine Sache ist, die mir außerordentlich missfällt.
Gut. Irgendwann war ich dann müde, bin nach den ersten fünfzig Blättern des 1400 Seiten starken Werkes eingeschlafen und bin gegen Sonntagmittag wieder aufgewacht.
Es wurde gegessen und meine Mutter kam. Gemeinsam haben wir noch ein wenig geredet und sind dann mir meiner Großmutter ins nahe gelegene Haus meiner Tante gefahren und ich konnte mich versichern, das es den dortigen Katzenbabys immer noch gut geht. Niedlich sind sie immer noch aber schon bedeutend größer geworden. Dennoch bleiben sie noch bei Muttermilch.
Da ich um vier mit einem der Deutschen zwecks Erarbeitung einer weiteren Präsentation, diesmal über das Deutsche Schulsystem, verabredet war, sind wir rechtzeitig losgefahren und wären auch fast pünktlich angekommen, wenn nicht meiner Gastschwester aufgefallen wäre, dass sie überlebenswichtige Utensilien im Haus der Oma hat liegen lassen:
Bei einer deutschen Freundin im Garten
Ihr Handy und das Ladegerät desselben.
Und weil sie keine zwei Tage ohne diesen kleinen rosa Begleiter leben kann, der regelmäßig die "musikalischen" Verirrungen der Jonas Brothers und die neuesten Lieder einer hier sehr bekannten Soap, die sich Casi Ángeles nennt, ausspuckt, mussten wir natürlich auf halber Strecke umdrehen, wobei wir letztendlich
etwa eine halbe Stunde nach dem verabredeten Zeitpunkt an unserem Haus eintrafen.
Die Präsentation am Montag lief gut. Ansonsten ist nicht viel Interessantes in dieser Schulwoche geschehen.
Freitag Abend bin ich dann zu einer guten Freundin, Julia, ebenfalls Deutsche aber von einer anderen Organisation, obwohl wir hier als Partnerorganisation beide dieselbe haben, gefahren.
Wir waren zusammen auf dem 15. Geburtstag einer dritten Deutschen, wobei wir allerdings etwas verspätet eintrafen, denn obwohl ich pünktlich im Hause der Familie Julias stand, war ihre Mutter nicht anwesend und wir mussten uns gedulden, bis diese zurückkam um uns im Auto zu bringen.
Nach der Feier bin ich dann mit Julia nach Hause gefahren worden und habe wie geplant bei ihr übernachtet und den nächsten Tag auch noch bei ihr zugebracht, denn sie feierte den folgenden Sonntag, also den nächsten Tag Geburtstag und gemeinsam haben wir Kekse für die eingeladenen Gäste vorbereitet.
Als mein Vater mich abholte, sagte er mir, dass es nicht feststünde, ob ich am nächsten Tag zurückkommen könnte, denn wir hatten einen gemeinsamen Auslug in die Sierras geplant.
Die Sierras de Córdoba sind ein kleines Gebirge, das in der Provinz Córdoba liegt.
Gemeinsam sind wir also Sonntagmorgen aufgebrochen um dieses Gebirge ein wenig zu erkunden.
800 Höhenmeter galt es bei strahlendem Sonnenschein zu überwinden.
Da ich sehr gerne wandern gehe, habe ich mich sehr auf diesen Aufstieg gefreut und wir begonnen nach zwei Stunden Anfahrt und nachdem wir unsere Tickets gekauft hatten, denn der Wanderweg ist in privater Hand, die ersten Meter zu laufen.
Bereits nach fünf Minuten war meine zwölfjährige Gastschwester nicht mehr bereit ihren Rucksack zu tragen und während wir sechsjährige an uns vorbei laufen sahen, wurde sie immer langsamer.
Meine Mutter und ich gingen voraus und hielten gelegentlich inne, um auf meinen Gastvater und meine Gastschwester zu warten, die in beträchtlichem Abstand hinter uns her gingen.
Nachdem wir nach etwa zweeinhalb Stunden, Pausen mitgerechnet, am Gipfelkreuz angekommen waren, streikte meine Gastschwester entgültig mit der Begründung sie habe Kopfschmerzen.
Mein Vater hatte vorgesorgt und gleich eine Kopfschmerztablette parat. Generell scheint man hier mit Medikamenten großzügiger umzugehen als in Deutschland. man wirft sich die bunten Pillen munter in den Rachen.
Nach fast einer Stunde der Rast auf dem Gipfel drehtem wir um, um den Abstieg zu beginnen.
Doch nach circa zweihundert Metern Fußweg beklagte sich meine Schwester, setzte sich an die Seite des Weges und weigerte sich weiterzugehen. Meine Gastmutter blieb also zurück um mit ihr zu reden und ich setzte mit meinem Vater den Weg langsam fort.
Doch niemand kam nach.
So gingen wir zurück, nachdem uns von anderen Wandernden berichtet wurde, dass das Mädchen dort oben sich leider gar nicht wohl fühle.
Gut, dachte ich mir, wenn meine Schwester jetzt einen Aufstand macht, kann ich heute Abend nicht mehr pünktlich auf der Geburtstagfeier meiner Freundin ankommen.
In der Zwischenzeit hatte meine Gastmutter die uns für den Notfall übergebene Handynummer gewählt, denn es war nichts zu machen:
Meine Gastschwester trank nichts mehr, aß nichts mehr und weigerte sich erst recht, einen Fuß vor den anderen zu setzten.
In Tränen aufgelöst lag sie also am Wegesrand und beklagte sich darüber, dass sie sich nicht wohl fühle.
Nach zehn Minuten der Wartezeit kam also ein Helfer an, stellte fest, meine Schwester hätte zu wenig wasser getrunken und sagte, es mangele ihr wahrscheinlich noch an Salz.
Deshalb rührte er ein rosafarbenes Getränk an, das dem anscheinend entgegenwirken sollte, denn dieser Mann war sozusagen Mitglied der privaten Bergwacht.
Nur hatte er nicht mit meiner Gastschwester gerechnet:
Sie wollte nicht trinken und brach in einen Heulkrampf aus, an dessen Ende sie sich erbrach.
Dennoch wurden ihr langsam einige Tropfen der Flüssigkeit zugeführt, worauf sich das ganze erneut abspielte.
Es wurde der Artzt der Bergwacht hinzugerufen. Auch er stellte fest, dass es meiner Schwester an Wasser fehlt: Trink!
Doch nein. Sie weigerte sich. Sie wolle nichts trinken und habe auch keinen Durst, lautete ihre Antwort.
Dennoch war sie nun bereit auf zureden des einen Mannes einige Schritte zu gehen. Sie stand auf...
Bewegte ein Bein  vorwärts...
Dann das Andere...
Man hielt die Luft an...
...und atmete aus, als sie sich auf den begrasten Rand des Gehwegs fallen ließ.
Ich will euch jetzt nicht mit langweiligen Einzelheiten weilen, denn auch ich bin langsam müde und merke es vor allem meiner Rechtschreibung an:
Ich bin aus der Übung gekommen und die Müdigkeit tut das ihre dazu.
Fortwärts, Nazional, Atmetete...
Was doch alles für ein Unsinn enstehen kann!
Letztendlich sind wir also hinuntergekommen.
So ziehmlich als letzte haben wir den Weg verlassen, denke ich, denn die Sanitäter haben uns begleitet, schließlich musste meine Schwester irgendwie herunterkommen und da sie sich weigerte zu laufen, wurde sie von den jungen, relativ kräftigen Männern Huckepack heruntergetragen.
Am letzten Abschnitt ging es ihr dann wie durch ein Wunder wieder besser und ich fragte mich, ob das nun an dem sich näherndem Gedanken an das Sitzen im Auto oder daran, dass ich nun nicht mehr pünktlich zur Feier erscheinen konnte war.
Aber nein, ich will meiner Schwester nichts böswilliges unterstellen, nur ist es für mich, die ich mit zwei älteren Brüdern aufgewachsen bin, etwas gewöhnungsbedürftig eine kleine Schwester zu haben, die all das toll findet, was man selber auch in diesem Alter nicht mochte:
Rosa, Soaps, Disney "Rock", Modeln...
Und meine Interessen beschreibt sie als durchweg langweilig...
Dennoch verstehen wir uns gut und auch wenn sie mir gelegentlich auf die Nerven fällt, scheint das umgekehrt eher weniger der Fall zu sein, denn ständig liegt ein: "Te quiero, Anja", auf ihren Lippen.
Und nachdem wir dann unten angekommen waren, der Arzt sich von ihrem sich verbesserndem Zustand nocheinmal überzeugt hatte und sie zum ersten Mal wieder fast einen halben Liter Wasser und feste Nahrung zu sich genommen hatte, konnte sie auch wieder lächeln.
Ich allerdings nicht denn mir war klar, dass wir wegen dieser Verspätung nicht vor 23:30 unser haus betreten würden.
Julias Geburtstag
Diese Angst bewahrheitete sich dann auch.
Dennoch habe ich mir ein Taxi rufen lassen und bin zu meiner Freundin gefahren, nachdem ich mich umgezogen hatte.
Da die Feier um zehn Uhr angefangen hatte, kam ich zwar etwas erschöpft und mit zweieinhalb Stunden Verspätung am Haus meiner Freundin an, aber immerhin lebte ich noch und hatte den Berg ohne Heulkrämpfe und ohne mich zu übergeben überstanden.
Letztendlich wurde es noch eine vergnügliche Nacht und ich schlief wieder bei Julia.
Gemeinsam haben wir auch den sich anschließenden, schulfreien Montag verbracht.
Die sonstige Woche hielt wenige Überraschungen bereit.
Mittwoch allerdings war ich beim Arzt, ich bin wieder erkältet und war in den letzten drei Tagen das erste Mal seit Jahren zumindest ab und zu ein wenig heiser.
Und trotz der Erkältung habe ich auch das letzte Wochenende schön verbracht.
Weil meine Eltern wieder auf einem Fest waren, haben wir auswärts geschlafen, dieses Mal allerdings bei der anderen Oma.
Samstag angekommen, viel gelesen, gut gegessen, wegen des Hustens nicht ganz so gut geschlafen.
Sonntag zum Muttertag, der hier an diesem Tag stattfand eine Familienfeier mit großem Asado erlebt und zum ersten Mal den Kopf eines Schweins aus einem Asado-Ofen kommen gesehen (ich habe mich danach eher an Hühnchen gehalten, dass ziehe ich dem ganzen vor)...
Übrigens: Herzlichen Glückwunsch zum Muttertag. Ich hab dich lieb und denk daran dass, wenn der Muttertag in Deutschland stattfindet, ich schon fast wieder zurück bin.
Jedenfalls war ich heute nochmal beim Arzt und damit ich für die anstehende Reise nach Puerto Madryn gerüstet bin, habe ich jetzt Hustensaft, Hustenspray, Antibiotika und Inhalationen verschrieben bekommen.
Ich hoffe, dass das ganze schnell wirkt, denn bereits Mittwoch werde ich meine Familie für einige Tage verlassen um Wale und Pinguine zu betrachten.
ich freue mich schon jetzt sehr darauf.
Hoffentlich bleibt die Vorfreude nicht die schönste Freude,
Bis bald,
Anja

PS: Das folgende Bild ist für eine gaaaaaanz besondere Freundin: