Freitag, 28. Januar 2011

Regen

Ich steige aus dem Bus um auf eine der Hauptstraßen zu gelangen und setze meinen Fuß dabei prompt ins knöcheltiefe Wasser. Es ist Hochsommer in Argentinien, aber es regnet. Wo bleibt eigentlich der Klimawandel, wenn man ihn braucht?! Ein Land der Extreme, das macht sich sogar bis ins Wetter bemerkbar, denke ich mir als ich die weiterführende Busverbindung suche. Entweder ist es wochenlang so trocken, dass in einigen Dörfern außerhalb der eigentlichen Stadt kein Tropfen Wasser mehr verfügbar ist, oder es fallen derartige Wassermassen vom Himmel, dass mit dem Bus nahezu kein Durchkommen ist. Wenn man neben Argentiniern geht, ist zu beobachten, dass sie entweder sehr schnell oder  sehr langsam gehen bzw. rennen. Entweder sind sie sehr dick, oder sehr dünn. Entweder reden sie sehr schnell oder sehr langsam…

Dieser Liste könnte ich noch etwa 100 Sätze hinzufügen, die allesamt dasselbe Thema behandeln. Da vermisst man fast schon die deutschen Eintönigkeiten und mein deutsches, langweiliges Leben. Aber dann würde ich auch einige, wirklich schöne Dinge verpassen…
Neujahr habe ich schön verbracht, Weihnachten hat mir allerdings besser gefallen. Wir sind alle zusammen zur Mutter meines Gastvaters gefahren und haben dort Silvester verbracht. Zusammen haben wir auch wieder diese Ballons fliegen gelassen, wobei sich einige selbst angezündet haben und wir mehr als einmal um die Mauer auf die Straße laufen musste um mit einem Wassereimer die brennenden Reste zu löschen.
Meine Neujahrsbrezel sah zwar nicht wie eine Brezel aus, war aber lecker.
Einige Tage später waren wir gemeinsam auf einem Festival der Folklore und Doma in Jesús Maria.
Dabei geht es um argentinische Traditionen, denn die Folklore ist die traditionelle Musik und Doma ist eine Art Pferderodeo, das von argentinischen Gauchos aller Provinzen bewältigt werden musste. Es gibt dabei drei verschiedene Schwierigkeitsstufen. Bei jeder Stufe werden dem Gaucho  weniger Mittel zugesprochen um  auf dem Pferd zu bleiben. Das ganze wird zehn tage lang jede Nacht ausgefochten und am Ende gibt es drei Sieger. Für jede Kategorie einen. Das ganze fand in einem großen  Stadion statt, das im Auto etwa eine Stunde von meinem Haus entfernt ist. Um halb sieben Uhr morgens sind wir von dort zu Hause angekommen und ich bin sehr müde ins Bett gefallen, aber es hat sich gelohnt.
Ansonsten genieße ich meine Ferien, treffe mich mit Freunden, bin im Pool, gehe ins Kino, genieße die Ruhe, bin im Zentrum Córdobas unterwegs oder besuche mit meiner Gastfamilie verwandte. Wie viele Male ich dabei nun schon argentinische Asados gegessen habe!
Ich berichte euch dann nach Iguazú mit vielen Bildern von der Schönheit dieser Wasserfälle.
Schaut in den nächsten Tagen nocheinmal rein, denn dann werde ich abermals versuchen einige Bilder hochzuladen, momentan ist dies leider nicht möglich. Serverprobleme.
Seit nicht zu neidisch,
Grüße,
Anja
PS: Ich hab meinen neuen iPod wieder. Dieser hatte nicht mehr funktioniert und ich musste ich zur Reparatur in einen der Apple Läden bringen. Glücklicherweise wurde mir nach 20 Tagen ein neuer iPod gegeben, denn der alte war nicht mehr zu retten. Auf Grund der Garantie musste ich nicht bezahlen und jetzt kann ich endlich wieder überall Musik hören.

PPS: Ich hab mir vor einigen Wochen mal wieder meinen Fuss beim laufen umgedreht...
Dick, blau und Bettruhe. Aber geht schon wieder besser. Neuerung: Diesesmal war es der Linke. Das hatte ich noch nie.

Die Wolken bleiben gleich

Mehr als ein halbes Jahr bin ich nun schon in Argentinien und habe eine Menge erlebt. Sowohl schöne als auch weniger schöne Dinge liegen hinter mir und gleiches wahrscheinlich auch vor mir allerdings kann ich bei diesen noch nicht sagen, welcher Art diese Erlebnisse sein werden. Der Anfang dieses Abenteuers, rückt immer weiter in meinen Erinnerungen nach hinten während das zukünftige Ende immer näher rückt. Sogar meine genauen Flugdaten sind mir jetzt schon bekannt. Am 23. Mai 2011, also im Mai dieses Jahres um 16:55 fliegt mein Flugzeug voraussichtlich vom Flughafen Córdobas ab und am 24. Mai um 20:35 soll ich geplanterweise am Düsseldorfer Flughafen wieder deutschen Boden betreten.
Meine Stimmung hinsichtlich dieser Ereignisse schwankt. Manchmal liege ich bei diesen sommerlichen Temperaturen draußen im Pool und frage mich, wieso ich das alles eigentlich mache. Schwierige Phasen, viele Hindernisse und immer wieder Fehler, die auf meinem Weg liegen. Und so viele Dinge, Verhaltensweisen, Werte und Sitten, die ich in Deutschland gelernt und richtigerweise angewendet habe, und allesamt gelten sie hier nichts. Man schaut mich hier sogar seltsam an, wenn ich Lieder pfeife. Was in Deutschland vollkommen normal und akzeptiert ist, gilt hier als seltsam und es wird erwünscht es zu vermeiden. Fähigkeiten, die hier anders gewichtet werden. Z.B. können viele Argentinier zwar nicht schwimmen, dafür habe ich hier aber noch niemanden kennen gelernt, der seine Personalausweisnummer nicht auswendig aufsagen kann. In Arbeiten wird man hier in der obigen Spalte sogar manchmal nach jener Nummer und dazu noch nach seiner Blutgruppe gefragt. Ich persönlich habe weder von der einen, noch von der anderen Sache eine Ahnung.  Und damit stehe ich in Deutschland wahrscheinlich nicht alleine da. Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der Deutschen wahrscheinlich nicht einmal sagen könnte wo auf ihrem Personalausweis diese Nummer vermerkt ist, ohne diesen aus der Tasche zu ziehen.
Nicht nur die Jahreszeiten laufen hier in Argentinien verkehrt herum. Aber wie immer ist das nur Ansichtssache, denn für einen Argentinier sind all die US-amerikanischen Weihnachtsfilme im Schnee seltsam und man fragt sich hier, was der Weihnachtsmann in Pelzmantel und Stiefeln bei 35 Grad Celsius im Schatten macht. In diesen langen Ferien kommt man häufig auf Gedanken an die Heimat, an Familie und Freunde. Ich bin mehr zu Hause, als wenn ich Schule habe, auch wenn ich mich häufig mit Freunden treffe und obwohl ich meine Gastfamilie wirklich gerne mag, bin ich doch ein wenig froh am Sonntag ein wenig Erholung zu haben, denn meine Gasteltern hatten die letzten zwei Wochen Urlaub. Diese ist schon meine dritte Erkundungstour  durch dieses Land, das neunmal größer ist als Deutschland. Fünf gibt es insgesamt, ich bin also schon weit vorangeschritten. In meinem Kalender dieses Jahres harke ich jeden einzelnen Tag ab und nummeriere sie. Am 14. Februar fehlen noch genau 99 Tage. Er ist also der erste zweistellige Tag und viel fehlt bis dahin nicht mehr. Bei meinem nächsten Blogeintrag liegt dieser Tag wahrscheinlich schon hinter mir.
Aber  sicherlich wird es auch ein seltsames Gefühl sein wieder nach Deutschland zurückzukehren. Viele Dinge werden sich geändert haben, nicht zuletzt auch ich. Selbst mein deutsches Zimmer ist nicht mehr so, wie ich es verlassen habe. Ich habe einen neuen Kleiderschrank und außerdem ist es aufgeräumt. Letzteres wird wohl kein Dauerzustand bleiben. Aber mit diesen Änderungen meine ich nicht nur sichtbare Dinge, wie ein neuere Schrank oder eine neue Frisur sondern auch veränderte Beziehungen zu Freunden und ihre eigenen Persönlichkeiten. Ich hoffe, man wird mich wieder so aufnehmen. Ich zumindest habe die Hoffnung meinen Umkreis nicht zu verlieren.
Und am Ende des Tage liege ich wieder am Pool und denke: Nur die Wolken bleiben so wie sie sind…